Tag 7: Bergen bis Jostedal

Tag 7: Bergen - Jostedal
Norwegen_2011_100
Norwegen_2011_101

Der 7. Tag führt uns zu zwei Highlights unserer Reise: zur Borgund-Stabkirche und zum Jostedalsbreen. Wir verlassen bei lockeren Wolken und Sonne kurz nach 9 Uhr den Campingplatz in Haukeland auf der E16 in nordöstlicher Richtung. Es geht einmal quer durch die Provinz Hordaland. Die E16 hat in diesem Teilbereich Dutzende kleine Tunnel.

Norwegen_2011_102
Norwegen_2011_103

Sobald wir die Grenze von Hordaland nach Sogn og Fjordane überschreiten, führt die Straße durch die echt beeindruckenden Schluchten des Nærøyfjorden Nationalparks.

Norwegen_2011_104

Ab jetzt verläuft die E16 mehr unter als über der Erde, denn es folgen direkt hintereinander die beiden längsten Tunnel Norwegens, der Gudvangatunnel mit 11,4 km und der Lærdalstunnel mit unglaublichen 24,5 km Länge. Vom Ausgang des Lærdalstunnels sind es nur noch ein paar Kilometer bis zur Stabkirche.

Norwegen_2011_105

Dieses erste Streckenstück bis Borgund fährt Dana. Ihre anfängliche Angst vor Tunneldurchfahrten — insbesondere mit dem Wohnmobil — hat sich nach diesen 200 km buchstäblich in Luft aufgelöst.

Norwegen_2011_106

Borgund erreichen wir gegen kurz nach 12 Uhr. Um 12:30 Uhr startet eine spannende Führung durch die 1180 erbaute Stabkirche. Die Kirche in Borgund gilt neben der in Heddal, die wir leider nur von aussen sehen konnten, als besterhaltene Stabkirche mit den meisten Teilen im Originalzustand.

Norwegen_2011_107

Wir sind tatsächlich die einzigen Gäste, so dass uns die Dame viele kleine Details zeigen kann. Im Reiseführer stand, dass man in Borgund im Sommer mit langen Wartezeiten rechnen muss und alles total überlaufen ist. Davon ist Anfang Mai noch nichts zu merken. Der Mix aus den heidnischen Runen der Wikinger in Verbindung mit den christlichen Symbolen findet sich an der gesamten Stabkirche und das nicht ohne Grund. Die Kirche wurde in einer Zeit erbaut, als in Norwegen die Christianisierung mit Gewalt durchgesetzt wurde. Doch selbst wenn Könige das Christentum ausrufen, heißt das noch lange nicht, dass die Bauern gleich mitziehen. Daher wurden als Kompromiss mit den Bauern die vielen heidnischen Symbole verwendet.

Norwegen_2011_108
Norwegen_2011_109

Die Wikinger waren geübte Schiffsbauer. Daher finden sich in den Stabkirchen auch viele Elemente aus dem Schiffsbau wieder. Das Hauptdach ist von innen aufgebaut wie ein umgedrehter Schiffsrumpf mit Kiel als First und den Spanten zur Stabilisierung des Daches. Den Namen „Stab“-Kirche erhielt die Kirche aufgrund der Pfähle, die zunächst wie Masten eines Segelschiffs aufgestellt und anschließend umbaut wurden. Auf dem Dach befinden sich die typischen Drachenköpfe, die auch auf den Steven der Wikingerschiffe als Verzierung verwendet wurden. Die Abdichtung des Daches selbst erfolgte, wie auch beim Schiff mit Pech. Die Erfahrungen, die die Wikinger im Schiffsbau sammeln konnten, haben so dazu geführt, dass diese Holzbauten die Jahrhunderte überdauern konnten.

Norwegen_2011_110
Norwegen_2011_111

Der Borgund-Stabkirche angeschlossen ist ein kleines, aber feines Museum, das im Eintrittspreis für Besichtigung und Führung inbegriffen ist. Anschließend gönnen wir uns vor der Weiterfahrt noch in Ruhe wie immer die Mittagsstulle.

Gegen 14 Uhr geht es dann weiter in Richtung Jostedal. Dazu müssen wir ein kleines Stück (bis kurz vor den Lærdalstunnel) die E16 zurück.

Norwegen_2011_112
Norwegen_2011_113

Es empfiehlt sich allerdings, das erste Stück nicht durch den Borgund-Tunnel zurück zu fahren, sondern die alte Straße RV630 durch das Tal zu nehmen. Diese Straße ist vermutlich das ganze Jahr befahrbar, denn die Gegend liegt nur unwesentlich oberhalb des Meeresspiegels. Dafür schlängelt sich die Straße malerisch an den Berghängen entlang. 200m, bevor linker Hand die E16 in den Lærdalstunnel mündet, fahren wir auf die RV5 in Richtung Lærdalsøyri und folgen der RV5 weiter bis zur Fähre von Fodnes nach Manheller.

Norwegen_2011_114
Norwegen_2011_115
Norwegen_2011_117

Auf der anderen Seite des Sognefjords folgen wir weiter der Straße RV5 bis zum Ortseingang von Sogndalsfjøra, wo wir rechts auf die RV55 nach Gaupne abbiegen. In Gaupne wechseln wir links auf die RV604, unserem Tagesziel Jostedalsbreen entgegen. Gegen 16 Uhr erreichen wir im kleinen Örtchen Haugen den Campingplatz „Jostedal Camping“, aber nur um uns anzukündigen und den Stellplatz zu organisieren. Wir sind tatsächlich die einzigen Gäste und die Dame des Hauses will später mal vorbeisehen, wenn wir von unserem Gletscherbesuch wieder da sind.

Norwegen_2011_116
Norwegen_2011_118

Der Jostedalsbreen ist Europas größter Festlandgletscher. Zahlreiche Arme fließen in die umliegenden Täler. In dem direkt an den Campingplatz angrenzenden Tal liegt der Gletscherarm Bergsetbreen. Dieser Arm kippt vom Jostedalsbreen über einen 500 m hohen Grad fast senkrecht ins Tal. Die Gletscherzunge, die in den 90er Jahren noch bis hinunter ins Tal ging, ist jedoch wie bei den meisten Gletschern in den letzten Jahren stark geschrumpft, so dass man die Größe des hinter der Abbruchkante liegenden Jostedalsbreen nicht einmal erahnen kann. Am Parkplatz selbst liegt noch richtig Schnee, so dass es bei diesem Gletscher nur bei einer fernen Betrachtung bleibt. Wir wollen aber eigentlich auch ins benachbarte Tal zum Nigardsbreen.

Norwegen_2011_119
Norwegen_2011_120

Es geht also weiter ins nächste Tal zum Nigardsbreen. Am Eingang des Tals befindet sich das Breheimsenteret, ein Gletschermuseum, in dem die Entstehung von Gletschern, sowie die Flora und Fauna der Umgebung beschrieben wird. Zudem können im Sommer von hier aus Boots- und geführte Gletschertouren zum Nigardsbreen gebucht werden. Da wir jedoch für den Folgetag den Besuch im Gletschermuseum in Fjærland eingeplant haben, fahren wir die schmale, mautpflichtige Straße zum Parkplatz am Gletscher-See.

Norwegen_2011_121

Der Name Nigardsbreen geht übrigens auf die Siedlung Nigard zurück, die bei einem raschen Gletschervorstoß — drei Kilometer innerhalb von 50 Jahren — im Jahre 1743 vernichtet wurde. Seitdem ist der Gletscher wieder auf dem Rückzug, wobei gerade Anfang des neuen Jahrtausends kleinere Vorbewegungen registriert wurden.

Norwegen_2011_122

Vom Parkplatz aus scheint der Gletscher in nicht allzu ferner Distanz. Fotos zurück ins Tal zeigen jedoch, wie groß die Distanz wirklich ist. Wer mag kann ja mal versuchen, auf dem Foto das Wohnmobil zu entdecken.

Norwegen_2011_123

Wir machen uns also auf den etwa einstündigen Weg (wenn man stramm geht) entlang des Gletschersees zur Spitze der Zunge. Dabei helfen uns kleine rote T-Markierungen den richtigen Weg zu finden. Unterwegs sind an steilen Stücken immer wieder Treppen eingesetzt, die das Fortkommen erleichtern. Hier und da hören wir Steinbrocken von den Berghängen krachen. Ansonsten ist es totenstill.

Norwegen_2011_124

Je näher wir der Zunge kommen, desto kribbeliger werden wir.

Norwegen_2011_125

Die Einsamkeit (im Sommer schieben sich hier wahrscheinlich Hunderte Urlauber lang, an diesem Abend sind neben uns nur zwei ältere Herren unterwegs), das tolle Wetter mit dem strahlend blauen Himmel und das leuchtende Eis bieten einen gigantischen und unvergesslichen Anblick. Irre!

Zwei Stunden später sitzen wir auf dem Campingplatz bei einem Glas Rotwein beim Abendessen und lauschen dem Bach, der direkt neben dem Campingplatz vorbei läuft.

Der Tag in Fakten:

Distanz: 196 km (Haukeland-Borgund)
116 km (Borgund-Jostedal Camping)
Schnitt: 65 km/h
63 km/h
Anzahl der Fähren: 1
Kosten für die Fähren:
  1. Fodnes – Manheller
    Wohnm. 67,- NOK, Erw. 27,- NOK, ~ 12,- €
Ziel-Campingplatz: Jostedal Camping
Gjerde
N-6871 Jostedal
Kosten für Campingplatz: 105,- NOK/Wohnmobil, 30,- NOK/Erw. und 35,- NOK/Strom. Macht in Summe 200,- NOK, d.h. ~ 26,- €: (++)
Lage des Campingplatzes: An einem kleinen Bachlauf und 5 Minuten vom Nigardsbreen entfernt: (++)
Sanitäranlagen: Frisch renovierte Anlage: (++)