Lea und Peter haben geheiratet

Lea und Peter haben geheiratet
Lea und Peter haben geheiratet

O wie lieblich, o wie schicklich
sozusagen herzerquicklich,
ist es doch für eine Gegend,
wenn sich Leute , die vermögend,
außerdem mit sich zufrieden,
aber von Geschlecht verschieden,
wenn nun diese, sag ich, ihre
dazu nötigen Papiere,
sowie auch die Haushaltsachen,
endlich mal in Ordnung machen
und in Ehren und beizeiten,
hin zum Standesamte schreiten.
Wie es denen welche lieben,
vom Gesetze vorgeschrieben.
Dann ruft jeder freudiglich:
„Gott sei Dank! Sie haben sich!“

Wilhelm Busch, 1832 – 1908

Mit dem Rad nach Berlin

Auch, wenn das jetzt schon ein paar Wochen her ist, will ich das Tagebuch meiner Fahrt mit dem Rad nach Berlin in einem kleinen Reisebericht zusammenfassen.

Start war der 22. Juli 2009 in Dortmund. Meine Sachen sind gepackt, die Wohnung aufgeräumt und ich bin ausgeschlafen. Das Wetter sieht zwar nicht so gut aus aber ich fahre trotz einiger Regentropfen erst einmal los. Ich habe Glück und kann die Regenjacke nach 5 Minuten wieder ausziehen. Geplant sind für die erste Etappe knapp 140km über Hamm und Rheda-Wiedenbrück nach Verl.
Die ersten 71km laufen fluffig und ich mache in der schönen Fußgängerzone in Beckum bei strahlendem Sonnenschein eine Mittagspause.
Kurz nach Beckum kommt die anfängliche Nervosität wieder zurück. Ich liebe ja technisches Spielzeug. Und das Navi gehört eindeutig dazu. Es hat mich bisher auch ausnahmslos über herrliche Radwege gelotst. Jetzt ist es aber einfach eingefroren. Es ist ja auch nur Software, denke ich mir und nehme die Batterien heraus. Das Navi startet wieder und ich denke alles ist gut. 30 Sekunden später steht das Ding aber wieder. OK… Vielleicht was mit der Karte. Also fahre ich erstmal ein bisschen. Das ändert allerdings nichts. So langsam werde ich richtig nervös! Ich stehe da im Niemandsland und hab erst ab Rheda-Wiedenbrück eine Karte. Gott sei Dank finde ich ein wenig später des Rätsels Lösung. Die Halterung für die SD-Karte im Batteriefach hatte sich gelockert. Seit ich die Karte wieder richtig eigesetzt habe ist alles wieder gut!
Kurz vor Rheda-Wiedenbrück erreiche ich nun den R1. Den Weg werde ich jetzt bis kurz vor Berlin nicht mehr verlassen. Was schon jetzt zum Ritus wird, ist das obligatorische Eis kurz vor Ankunft an der jeweiligen Unterkunft. Der erste Tag endet wie geplant, geduscht fühlt man sich wie ein neuer Mensch, und Beine und Hintern machen auch noch mit. Der erste Tag ist damit sehr gut gelaufen und ich kann ich einer tollen Pension ausruhen.

Die zweite Etappe geht etwa 120km über den Teutoburger Wald runter nach Höxter und auf der anderen Seite hinauf ins Weserbergland bis nach Stadtoldendorf. Hoffentlich lassen die angekündigten Unwetter möglichst lange auf sich warten. Gegen Mittag liegt der erste Mittelgebirgskamm des Teutoburger Walds, mit den Externsteinen und Ausläufern des Eggegebirges hinter mir. Ein zwischenzeitlicher Regenschauer zwingt mich zu einer kleinen Pause. Aber machmal lohnt das Warten. Es ist wieder trocken und die Sonne lugt hervor. Am Nachmittag bin ich in Höxter und überquere die Weser in Richtung Holzminden. Wenn ich mich bei der Planung nicht verrechnet habe, sind es jetzt noch ca. 30 km. Es bleibt genug Zeit ein Eis zu Essen. Wenn ich in Berlin ankomme bin ich bestimmt kugelrund. Angekommen in Stadtoldendorf kann ich so richtig ausspannen. Die Lage der Jugendherberge ist sehr ruhig und da ich mit 15 Uhr ziemlich früh angekommen bin bleibt noch Zeit für einen ausgiebigen Bummel in der Altstadt. Die heutige Strecke ist mit 121km und einer maximalen Höhe von 305m an den Externsteinen kernig gewesen. Allerdings weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie im Vergleich zu den beiden Harz-Etappen dann doch nicht so schlimm ist.

Es hat den ganzen morgen geregnet und so komme ich am dritten Tag nach Bad Harzburg leider etwas später los. Aber der Regen verzieht sich komplett und ich kann bei blauem Himmel, strahlendem Sonnenschein und (noch) sehr angenehmen Temperaturen radeln. Mit Überquerung der Leine habe ich jetzt das Weserbergland definitiv hinter mit. Inzwischen machen die Baudenzüge meiner Schaltung Probleme. Rechts, wie links muss ich sie mit zwei Händen bedienen. Daher suche ich in Bad Gandersheim nach Öl. „Schlecker“ Fehlanzeige, „Ihr Platz“ ebenso. Auf der Suche nach einer Tankstelle steht unterwegs eine Eisdiele – ich kann nicht widerstehen. Den Inhaber frage ich dann nach der Tankstelle. Darauf fragt er: “Warum?”. Als ich ihm erkläre, dass meine Baudenzüge trocken sind, greift der unter die Theke und holt eine Dose Ballistol hervor. Jetzt läuft die Schaltung wieder wie geschmiert!
Im Harz sind die Radwegweiser übrigens nicht mehr grün sondern schwarz und zeigen eine radelnde Brockenhexe. Ich hatte im Radführer zum R1 schon gelesen, dass die Beschilderung im Harz bescheiden sei.
Das ist – gelinde gesagt – reichlich untertrieben. Wieso bringt man 90% der ohnehin schon kleinen Schilder so an, dass man sie nur sehen kann, wenn man zur Seite schaut?
Auf dem Weg kurz vor Goslar lasse ich das Rad mal richtig laufen. Ein schnurgerader, asphaltierter Feldweg mit leichtem Gefälle. Die Tachonadel zeigt fast 50 km/h. Da springt mit einem Mal ein Fuchs aus dem Feld auf der einen Seite, verfehlt mein Vorderrad vielleicht um einen halben Meter und verschwindet im Feld auf der anderen Seite. Hätte ich das Tier erwischt hätte ich wahrscheinlich den Rest der Tour im Krankenwagen verbracht. Irre…
Jetzt bin ich in Goslar und tanke erstmal ein bisschen Sonne. Die letzten 20 km waren mörderisch. Nicht die Steigungen waren das Problem, sondern die Waldwege: nass und matschig. Da kostete selbst das Fahren in der Ebene unglaublich Kraft.
Kurz vor meinem Tagesziel in Bad Harzburg muss ich noch einmal richtig kämpfen. Die Strecke läuft in leichten Schlängellinien und einer Steigung, dass der zweitkleinste Gang bei 7 km/h gerade passt, den Berg hinauf. Hier erreiche ich den vermeintlich höchsten Punkt der Strecke von 363m. Ab jetzt geht es (im Schnitt) nur noch bergab. Erleichtert und geschafft erreiche ich Bad Harzburg. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß ist, dass die Strecke hinter Bad Harzburg noch zweimal auf knapp 350m ansteigt um dann wieder ins Tal abzufallen.
Mit einem leichten Sonnenbrand auf den Armen sitze ich noch in der Abendsonne auf der Terasse der Pension. Das Fahrrad sieht trotz des schönen Wetters aus wie Sau, da die Waldwege noch nicht abgetrocknet waren. Der Dreck sitzt in jeder Ritze. Die Beine haben heute gelitten. Trotzdem waren die insgesamt 109km dieser Etappe schon in Ordnung.

Am vierten Tag geht es in einer etwas längeren Etappe nach Bernburg an der Saale. Eigentlich dachte ich, dass es jetzt langsam gen Tal geht. Aber ich quäle mich 2.5 Stunden und gerade mal 34km über Waldwege auf und ab. Wie schon vorweg genommen stehe ich schon zum zweiten Mal auf einer Höhe von 350m. Da für diese Etappe 140 km geplant sind, wird das eine ziemlich lange Fahrt. Nach 55km habe ich den Harz aber endlich hinter mir. Zeit für eine Mittagspause in Gernrode.
Weiter des Weges stehe ich plötzlich vor einer Polizeiabsperrung. Vor der Absperrung liegt ein Berg Kränze und Blumen. Hier in Nachterstedt ist vor einigen Tagen ein Haus mit drei Menschen in den Baggersee abgerutscht. Da niemand weiß, ob weitere Erdmassen abrutschen, ist der See weiträumig abgesperrt. Die Fahrt wird dadurch noch ein bisschen länger.
Ich lasse den Baggersee hinter mir. Die kommenden zwei Stunden machen Spaß. Ich habe den, zum Teil recht kräftigen Wind im Rücken und die Strecke ist eben. Als ich in Staßfurt ankomme habe ich 55km in 2 Stunden geschafft.
8km vor dem Ziel finde ich in Nienburg eine Eisdiele. Als ich in Bernburg an der Saale ankomme ist eines klar: die Strecke war zu lang. Leider ist aus dem Höhenprofil im Kartenmaterial zum Harz nicht ersichtlich, dass die Strecke ab Bad Harzburg noch weitere 45km so mörderisch weiter geht. Hinzu kam, dass die ersten zwei Stunden komplett im Regen waren. Der Inhaber der Pension erzählte auch, dass er am vorhergehenden Dienstag einen Holländer zu Gast hatte. Er war die gleiche Strecke gefahren und suchte um 23 Uhr eine Bleibe. Er konnte dann mit Matraze und Schlafsack auf der überdachten Terasse übernachten.

Am fünften Tag geht es 113km nach Wittenberg. Das Fahren in der Ebene ist herrlich. Kurz hinter Dessau ist schon mehr als die Hälfte der Tagesstrecke erledigt und ich mache eine kleine Pause. Der Rest des Tages ist recht kurzweilig. Die Strecke verläuft durch viele Bachauen und Waldstücke. Es gibt landschaftlich viel zu sehen und die Qualität der Radwege ist 1A. Kurz vor Wittenberg kann man von der Brücke über die Elbe schöne Fotos vom Stadtprofil machen. Nachdem ich die Unterkunft aufgesucht habe gehe ich erstmal bummeln. Ich bin im Adventshaus untergekommen. Die Anlage ist angelegt wie ein Kloster mit Kreuzgang. Die toll ausgestatteten Zimmer bieten einen Blick in den sonnendurchfluteten Innenhof – herrlich.

Am sechsten Tag kommen noch 93km bis nach Götz. Das ist ein kleines Nest zwischen Brandenburg und Potsdam, direkt an der Havel. In Borkheide mache ich meine Mittagspause. Ab hier geht meine Tour die letzten 31km weiter über der Radweg “Tour Brandenburg”. Die Strecke steht dem letzten Abschnitt von Bernburg nach Wittenberg in nichts nach. 80% Wälder und dabei die meiste Zeit über asphaltierte Strecken. So lässt sich auch die Sonne gut aushalten.

Zusammenfassend kann ich nur sagen: mir hat die Tour unglaublich viel Spaß gemacht. Hätte ich nach Leas und Peters Hochzeit noch Urlaub gahabt, wäre ich den Europaradweg glatt noch weiter geradelt.

Jens